Mittwoch, 23. April 2014
Heute geht es hier um einzigartige Formulierungen. Da habe ich mich doch kürzlich den Satz sagen hören "Er geht drin". Für Sprachpuristen auf einem Niveau mit "Isch geh Edeka" und "Isch bin Bahnhof". Aber das hier ist nicht Kiezdeutsch, sondern nur aus dem Kontext gerissen. Mein demnächst fünfzehnjähriger Hund geht leider neuerdings drin, eine ziemliche Sauerei.
Mich tröstet nur, dass so einen Satz nicht jeder einfach so sagen kann. Dafür muss man sich erst durch Lebenserfahrung qualifizieren. Mein Freund Gerhard kann zum Beispiel von seinem "Lieblingsnotarzt" sprechen. Kann nicht jeder.

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Sonntag, 23. Februar 2014
Arbeiten geht bei mir ja nur im Zustand der quasi schizophrenen Persönlichkeitsspaltung. Ich kann das nur, wenn ich so tue, als sei ich nicht ich. Ich habe diese Methode der künstlichen Verfremdungshaltung aus der qualitativen Interviewforschung übernommen. Ich führe das jetzt mal an praktischen Beispielen aus.

Hausarbeit. Vorangestellt sei, dass ich bei mir daheim eine lausige Hausfrau bin. Ich weiß nie, wo ich anfangen soll, und mein Elan erlahmt früh. Ganz anderes erlebe ich, wenn es dazu kommt, dass ich in fremden Haushalten putze! Dann ist mein Blick scharf für Missstände aller Art, mein Vorgehen hat Struktur und Effizienz, ich bin berauscht von meiner Tüchtigkeit. Daraus habe ich gelernt, dass ich mir einfach nur vorstellen muss, ich befinde mich in einer fremden Wohnung, und es flutscht.

Schreibarbeit. Ähnlich geht es mir mit geschriebenen Texten. Über denen brüte ich als ICH oft entscheidungsschwach und ideenarm. Denke ich mir aber, es sei fremdes geistiges Eigentum, kann ich konstruktiv Kritik üben und redigiere unsentimental und effizient.

Erziehungsarbeit. Kinderhaben führt ja zu einer Menge von Erkenntnissen über sich selbst, auf die man im Nachhinein gut hätte verzichten können. Ich wusste zum Beispiel vorher nicht, dass ich ungeduldig, jähzornig, gewaltbereit, borniert, ungerecht und zickig bin, kurzum: meinem Selbstbild als gütige, nachsichtige Mutter gar nicht entspreche. Aber jetzt: Ich stelle ich mich gedanklich neben mich, sehe mich mit fremden Augen an und sage mir folgendes Mantra vor "diese Kinder sind nicht meine Kinder, es sind die armen gegängelten Kinder einer völlig anderen, gerade eben mitleiderregend überforderten Person", dann kann ich als NICHT-ICH plötzlich die Herausforderung lässig und mit Humor lösen!

Inzwischen habe ich das zur Technik ausgebaut. Immer, wenn es kritisch wird, mache ich einen kleinen geistigen Parcours, bis ich nicht mehr ich bin, meine Wohnung nicht mehr meine Wohnung, meine Kinder nicht meine Kinder etc. Ich werde jemand anderes. Einfach ein besserer Mensch.

Ich verstehe nicht wirklich, was das bedeutet und wo das alles noch hinführen soll, aber es hilft. Und falls Zweifel aufkommen, dann stelle ich mir kurz vor, ich sei nicht ich, und mein Blog ist nicht mein Blog und ...

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Sonntag, 10. November 2013
Jetzt habe ich mich ins soziale Abseits katapultiert. Das ging ganz leicht. Nämlich so: Ich hetze hektisch zur Elementarmusik, mit einem kranken Kind rechts und einem gesunden Kind links. Ich stelle das gesunde an die Trommeln und will eben mit dem kranken gerade Trostpflaster einkaufen gehen, da werde ich von wartende Eltern zum Bleiben genötigt. Ich also bleibe widerstrebend, das Kind hustet und hat keine Lust auf Gesellschaft von Erwachsenen. Ich auch nicht besonders. Aber man will nicht als arrogant gelten. Die Unterhaltung geht um die Schule und um vielerlei damit verbundene Probleme. Ich höre zu und denke: Pipifax. Wir haben mit der Schule keine Probleme. Die Kinder gehen gerne hin und kommen gerne wieder heim. Ich freue mich, dass ich so eine schöne Schule gefunden habe. Ich wäre nämlich als Kind auch gerne in so eine schöne Schule gegangen. Ich wohne dem Gespräch also lange stumm bei. Das Kind hustet und langweilt sich, ich werde unruhig. Und dann passiert es. Ich öffne meinen Mund und heraus kommt etwas Böses. Ich sage, dass ich mir eigentlich gar nicht so viele Sorgen mache, wegen der Schule, und überhaupt. Jetzt hätte ich auch gleich sagen können, dass ich die Kinder im Schrank einsperre und mit der Bratpfanne auf den Kopf haue. Wäre auch egal gewesen, der Reaktion nach zu urteilen. Ich werde entgeistert angestarrt. Streng gemaßregelt. An meine Verantwortung für die Zukunft der Kinder erinnert. Kühl verabschiedet. Und wetten, dass hier morgen das Jugendamt vor der Tür steht?

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